Für mich als katholischer Priester hat die Schweglerkirche oder besser gesagt das ganze Pfarrzentrum der Schweglerkirche eine große Bedeutung. Ich war 20 Jahre lang Vorsitzender der „Christen für die Friedensbewegung“. Unsere Zusammenkunft war regelmäßig in der Schweglerstraße 39. Es ist nicht selbstverständlich, daß uns die Räumlichkeiten immer gratis zur Verfügung gestellt wurden. Wir bekamen nicht nur den Versammlungsraum, sondern wir wurden von Bálasz Németh und dann auch von Thomas Hennefeld auch immer gastlich bewirtet. Beide Pfarrer waren bei unserer ökumenischen Friedensarbeit auch immer mit ganzem Herzen dabei. Wir sprachen nicht von der Ökumene, aber wir lebten die Ökumene. Das zentrale Anliegen von Jesus ist zweifellos das Werden des Reiches Gottes in unserer Welt und das ist nichts anderes als das Werden einer menschlicheren, einer gerechteren, einer friedlicheren Welt.
Genau diese Intention von Jesus versuchten wir in der Schweglerstraße mit unseren bescheidenen Möglichkeiten voranzubringen. In unserem Engagement spürten wir keinen Unterschied ob wir katholisch oder evangelisch waren. Nach dem II. Vatikanischen Konzil wurde uns in der katholischen Kirche stärker bewußt, daß es nicht genügt nur eine Versorgungskirche zu sein und die Menschen mit Liturgie zu versorgen, es entstand der Begriff der Befreiungskirche. Das heißt, daß die Kirche ein Instrument für die gesamtmenschliche Befreiung der Menschen sein soll und daß sie immer eine Option für die Armen und Schwachen der Gesellschaft haben soll. Ich denke, daß die helvetische Gemeinde in der Schweglerstraße in den 80 Jahren ihres Bestehens immer schon eine Befreiungskirche gewesen ist. Dieses gemeinsame Engagement für Friede und Gerechtigkeit führt uns als Kirchen auch immer tiefer zusammen und läßt uns manche lithurgischen Unterschiede vergessen.
Ich möchte der Pfarre in der Schweglerstraße und den Pfarrern Németh und Hennefeld ein aufrichtiges Danke sagen und ich wünsche dieser wunderbaren Pfarre, daß auch in Zukunft der Heilige Geist in ihr so augenscheinlich wie bisher wirken möge.
Franz Sieder